Als größter Kohlenstoffemittent der Welt spielt China dabei eine wichtige Rolle. Was wird gegen die CO₂-Erhöhung in China getan und was ist zu tun? Welche wirtschaftlichen Chancen bieten sich hier für deutsche Unternehmen bzw. KMU?
China ist ein Land, das ca. 7,000 km von Deutschland entfernt liegt und eine Bevölkerung von 1,41 Milliarden Menschen sowie eine Fläche etwa 27-mal so groß wie Deutschland vorweist. Die Volksrepublik China wurde 1949 neugegründet und war damals ein Agrarland mit nur wenigen, heruntergekommenen und veralteten Fabriken. Deswegen war das vorrangige Ziel in jener Zeit die wirtschaftliche Erholung sowie Entwicklung. Während Deutschland von den 1950er bis 1970er Jahren ein hohes Wirtschaftswachstum verzeichnete und mit der Zeit dem Umweltschutz mehr Aufmerksamkeit widmete, entwickelte China eine Industrie mit niedriger Energie- und Ressourceneffizienz. Gründe dafür waren die technische und wissenschaftliche Rückständigkeit sowie geringere Finanzierungsmittel. Mit dem Aufschwung der chinesischen Wirtschaft ab Ende der 1970er Jahre stiegen die Umweltprobleme rasant an und der Umweltschutz wurde dann ein immer bedeutenderes Thema, das auch zu zunehmenden Investitionen führte. Heutzutage befindet sich China noch im Stadium der Industrialisierung und Urbanisierung und steht vor der schweren Aufgabe, die Lebensgrundlagen seiner Bürger zu verbessern. Deswegen muss die Balance zwischen Wirtschaftsentwicklung und Umweltschutz regelmäßig diskutiert werden.
1979 verabschiedete China das erste nationale Umweltschutzgesetz, gefolgt von einer Reihe von Gesetzen, die zunächst den rechtlichen Rahmen für den Umweltschutz bildeten. Mitte der achtziger Jahre wurde ein Energieeffizienzstandard-System eingeführt. Allein in den vier Jahren von 2016 bis 2020 erreichte man mit der Einführung von 26 Energieeffizienzstandards eine jährliche Stromeinsparung von 49 Milliarden kWh, was einer Emissionsreduzierung von 2,86 Millionen Tonnen Kohlendioxid entspricht.
Die chinesische Waldfläche und die Waldakkumulation haben in mehr als 30 aufeinanderfolgenden Jahren zugenommen und China ist damit das Land mit dem weltweit größten Zuwachs an Waldressourcen geworden. Der Statistik zufolge bildeten die zwischen 2000 und 2017 neu geschaffenen Grünflächen in China ein Viertel der gesamten Grünflächen der Welt ab. Zum Ende des Jahres 2019 ist die Kohlenstoffintensität im Vergleich zu 2005 um 48,1% gesunken und der Anteil nicht-fossiler Energien am Energieverbrauch auf 15,3% gestiegen. Natürlich reicht das noch nicht aus.
Auf der UN-Generalversammlung im Jahr 2020 hat China zum ersten Mal ein Zieldatum für Klimaneutralität vorgelegt: Bis zum Jahr 2030 soll der Höhepunkt des Kohlenstoffdioxid-Verbrauchs erreicht werden und bis zum Jahr 2060 soll China komplett kohlenstoffneutral werden. Der chinesische Präsident Xi Jinping erklärte der Welt, dass China stärkere politische Maßnahmen ergreifen werde. Im Oktober 2021 veröffentlichte der Staatsrat einen Aktionsplan, wie der Höhepunkt der CO₂-Emissionen vor 2030 erreicht werden kann. Der Anteil des nicht-fossilen Energieverbrauchs soll bis 2025 20 % und bis 2030 25% betragen. Überdies sollen die CO₂-Emissionen pro BIP-Einheit bis 2025 um 18% gegenüber dem im Jahr 2020 verzeichneten Niveau und bis 2030 um mehr als 65 Prozent, gegenüber dem im Jahr 2005 verzeichneten Niveau sinken, so der Plan.
Außerdem listet der Aktionsplan die zehn wichtigen Aufgaben auf, um die Kohlenstoffspitze zu erreichen:
Im Hinblick auf die internationale Kooperation wird sich China laut dem Plan stark an der globalen Klima-Governance orientieren, eine grüne Kooperation in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Technologie und Finanzen betreiben und den Bau einer grünen „Gürtel- und Straße“-Initiative vorantreiben.
Am 10. Oktober 2014 haben der chinesische Premierminister Li Keqiang und die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin gemeinsam den Aktionsrahmen für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit mit dem Titel „Innovation gemeinsam gestalten“ beschlossen. Fast ein Jahr später unterzeichneten das Chinese Ministry of Housing and Urban-Rural Development (MoHURD) und das Bundesumweltministerium (BMU) eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit bei der Umsetzung der deutsch-chinesischen Urbanisierungspartnerschaft. Aus Basis des Aktionsrahmens und der Urbanisierungspartnerschaft entstand das Projekt „Eco-Cities in China“, das von der Chinese Society for Urban Studies (CSUS) und der Deutschen Energie-Agentur (dena) betreut wird.
„Eco-Cities“ zielt darauf ab, die Marktdurchdringung von Energieeffizienztechnologien zu erhöhen, das Investitionsumfeld zu verbessern, den internationalen Know-how-Transfer zu fördern und hochwertige deutsche Produkte auf dem chinesischen Markt einzuführen. Beide Länder werden gemeinsam an Lösungen arbeiten, um das Ziel des Klimaschutzes im städtischen Energiesystem zu erreichen. 25 Pilotstädte in China führen derzeit mithilfe deutscher und chinesischer Experten Leuchtturmprojekte durch, die fortschrittliche deutsche Technologiekonzepte einführen.
Einer der 25 Pilotbezirke ist Tianjin Daqiuzhuang, an dem der BVMW Beijing beteiligt ist. Durch eine Kooperation ist hier ein kleiner deutsch-chinesischer Industriestadtteil mit höherer Lebensqualität vorgesehen. Die industriellen Schwerpunkte liegen bei der Erforschung, Entwicklung und Verarbeitung neuer Materialien und Gesundheitsausrüstungen sowie bei der Planung der grünen Gebäude.
Nach längeren Analysen erklärt Daqiuzhuang schließlich bis zum Jahr 2030 CO₂-neutral zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, werden zukünftig alle Neubauten dem Green-Building-Standard entsprechen und 30 % davon als Fertighäuser errichtet. Außerdem wird der Anteil der Grünflächen in bebauten Gebieten bei 40 % liegen. Der Anteil grüner Mobilität im Transportsektor sogar bei 75 %.
Verschiedene in- und ausländische Institutionen rechnen mit einem Marktvolumen von 160 bis 200 Billionen RMB (ca. 22,8 bis 28,6 Billionen Euro) in der Zukunft, das für die Transformation der relevanten Industrien in China auf dem Weg zur CO₂-Neutralität bis 2060 gebraucht wird. Wenn man von einem linearen Wachstum für die nächsten 40 Jahre ausgeht, ergibt sich ein jährlicher durchschnittlicher Investitionsbetrag von 5 Billionen RMB (ca. 714 Milliarden Euro). Viele Branchen in China, wie z.B. die Stahl- und Metallverarbeitung, Petrochemie, Baustoffindustrie und der Verkehr, durchlaufen derzeit oder in Kürze eine „grüne Revolution“. Da deutsche Unternehmen in den Bereichen grüne Energie, Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft, grüne Gebäude sowie technische & wissenschaftliche Forschung und Entwicklung China weit voraus sind, eröffnet es viele neue Wege für deutsche Unternehmen. Insbesondere für KMU, da diese die Hauptadressaten des 14. Fünfjahresplans von China sind.
China hat im ganzen Land über 6,6 Milliarden Quadratmeter an grüner Baufläche errichtet, über 23,8 Milliarden Quadratmeter an energieeffizienter Baufläche wurden gebaut. Über 63 % der städtischen Baufläche entfallen auf energieeffiziente Gebäude. Neu errichtete und fertiggestellte energieeffiziente Gebäude können in China eine jährliche Energieeinsparungskapazität von fast 300 Millionen Tonnen Standardkohle erreichen. Dadurch können Kohlendioxidemissionen um 740 Millionen Tonnen (2019) reduziert werden.
Das China Foresight Industry Research Institute schätzt, dass im Jahr 2025 rund 1,054 Milliarden Quadratmeter neu gebaut werden. Chinesische Unternehmen für den Bau von Fertighäusern befinden sich in der Anfangsphase und es zeigt sich noch eine erhebliche Lücke zwischen der großen Marktnachfrage und dem Angebot. Deutsche Unternehmen können hingegen auf eine hundertjährige Entwicklungsgeschichte in diesem Bereich zurückblicken und verfügen über einen großen technischen Vorsprung sowie ein vollständiges und umfassendes Normensystem. Deshalb bieten sich für deutsche Unternehmen in diesem Bereich viele Möglichkeiten. Darüber hinaus ist das Passivhaus auch ein beliebtes Thema auf der Ebene des Stadtmanagements. Deutschland ist dort bekanntlich der Initiator und Vorreiter des Konzeptes. China möchte sich in der Zukunft in eine ähnliche Richtung entwickeln.
Neben dem Bausektor ist China auch in anderen Bereichen, wie den erneuerbaren Energien, der Kreislaufwirtschaft, der Herstellung von Geräten und umweltfreundlichen Konsumgütern sowie neuen Materialien besonders an einer Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen interessiert. Unser Auslandsbüro in Peking steht Ihnen für weitere Informationen über den chinesischen Markt zur Verfügung und wird Sie auf Ihrem Weg nach China begleiten.
Autor
Yang Wang
BVMW Repräsentant für China, Standort Beijing